Berufsverständnis
Nachfolgend sollen "ein paar Takte" über mein Berufsverständnis einen anderen, tieferen (?) Zugang zu meiner Arbeit ermöglichen.
Der Dienst als Kirchenmusiker bedeutet für mich:
- die eigenen Fähigkeiten einsetzen, die Liturgie mit vielfältiger Musik auf höchstmöglichem Niveau zu bereichern. Musik in der Liturgie muss den gleichen hohen Anspruch haben wie das gesprochene Wort. Die Liturgie respektive Gott als Adressat der Liturgie hat es mehr als verdient, dass das Beste gerade gut genug ist.
- die eigene Begeisterung einbringen, damit andere sich anstecken lassen können. Chorsänger und Instrumentalisten, aber auch die "ganz normale" Gemeinde müssen spüren können, dass der Kirchenmusiker mehr tut als "nur seinen Job".
- geistvolle Verknüpfung zwischen Liturgie und Musik, d.h. die Gegebenheiten als Chance nutzen, die Musik zur Liturgie abseits jeglicher Standardisierung auszuwählen. Jedes liturgische Datum hat seine eigene Dynamik und Dramaturgie, ausgehend von den Schrifttexten. Hier mit der Musik(auswahl) zu kontrastieren, kommentieren oder bestimmte Gedanken weiterzuführen, ist mir ein großes Anliegen. Ich wage zu behaupten, dass dadurch die Akzeptanz der Kirchenmusik ein kleines Stück wachsen kann.
- Querverbindungen innerhalb der Musik ausloten. Zu vielen Chorälen in den aktuellen Gesangbüchern gibt es Choralbearbeitungen oder Chorwerke aus verschiedenen Epochen. Außerdem gibt es Orgelwerke, die eine gewisse motivische "Verwandtschaft" mit bestimmten Chorälen besitzen. Die Musik entsprechend auszuwählen, finde ich persönlich angemessen und darüber hinaus äußerst spannend.
- "Vernetzung" (oder "networking") ist mittlerweile fast schon ein Modewort geworden. Aber genau das bringt einen Mehrwert für die Liturgie - sei es die Eucharistiefeier, die Wort-Gottes-Feier, eine Bußfeier oder eine Maiandacht. Wenn sich alle an der Liturgie Beteiligten schon in der Planungsphase zusammentun, entsteht ein großes Ganzes. Wenn der Rahmen abgesteckt ist, bleibt genügend Raum für Spontaneität. Dann kann eine lebendige Feier entstehen, die im besten Wortsinne attraktiv ist.
Mir ist durchaus bewusst, dass die eben genannten Punkte eine Art "Idealfall" darstellen, welcher sicher nicht allerorts anzutreffen bzw. in jeder Gemeinde einzurichten ist.
Dennoch bin ich der Meinung, dass gute Musik noch niemandem geschadet hat.
In der Regel wird der "normale Gottesdienstbesucher" (und sein weibliches Pendant) nicht analysieren können, welche harmonischen Wendungen gespielt oder welche Registrierungen benutzt worden sind. Sehr wohl wird er/sie aber sagen können, ob ihm das Stück gefallen hat, ob die Orgel "festlich" oder "dumpf" geklungen hat und ob er "bei dem einen Orgelstück die Melodie erkannt" hat - womöglich "von dem Lied, was wir auch gesungen haben".
Wenn eine solche bewusste Musikauswahl in der Gemeinde wahrgenommen wird, habe ich bereits viel erreicht.
Und wenn die Zahl derer, die die Musik in der Liturgie (nicht nur von der Orgel!) als Bereicherung empfinden und sich vielleicht sogar Zeit für das Hören des Nachspiels nehmen, bei einer gewissen Quote einpendelt, ist mir das persönlich weitaus lieber als "pflichtbewusster" Applaus nach einem virtuosen Tutti-Stück - das im Tumult des Aufbruchs eigentlich kaum jemand gehört haben kann.
Ganz ähnlich sehe ich das bei den (geistlichen) Konzerten.
Hier achte ich bei der Programmgestaltung stets darauf, wenigstens einen kleinen Bezug zur aktuellen Zeit des Kirchenjahres herzustellen. So kann etwa marianische Musik im Mai und Oktober ein Programmschwerpunkt sein, oder Naturbilder von Sonnenuntergängen und ähnlichem in der Sommerzeit.
Bei thematisch angelegten Konzerten versteht sich dieser Ansatz natürlich von selbst.
Wenn Sie der Versuch einer praktischen Umsetzung dieses Berufsverständnisses interessiert, sind Sie herzlich eingeladen, mich in Liturgie und Konzert "live" zu erleben.
Ob es immer gelingt, mögen Sie und andere entscheiden.
Ein Versuch ist's aber allemal wert, oder?